André Daïna und Serge Muhmenthaler: Zweimal auf höchstem Niveau

In jungen Jahren aktive Fussballer in der höchsten Schweizer Spielklasse, alsdann Schiedsrichter auf höchstem Niveau: Zwei YB-Spieler von anno dazumal haben das geschafft, André Daïna und Serge Muhmenthaler. Beide haben sie für den BSC Young Boys als Stürmer gespielt – einer in den sechziger, der andere in den siebziger Jahren. Beide gehörten zu den regelmässigen Torschützen. Und beide haben später die Schiedsrichter-Laufbahn eingeschlagen – mit grossem Erfolg. Sowohl André Daïna als auch Serge Muhmenthaler sind bei YB unvergessen, auch wenn inzwischen viele Jährchen vergangen sind.

André Daïna: «YB for ever»

André Daïna kam als 22 Jähriger von Cantonal aus der Nationalliga B zu YB – als Student mit abgeschlossener Matura. Braungebrannt war er, mit muskulösen Oberschenkeln, und er hatte einen richtigen «Hammer», gleichzeitig aber erwies er sich als feiner Techniker. Nicht wenige sahen in André Daïna den Nachfolger von Teamkollege Geni «Bomben»-Meier. Der Romand setzte sich im Wankdorf auf Anhieb durch, blieb zwei Jahre bei Gelbschwarz (1962-64), alsdann zog es den vierfachen Internationalen zu Servette – und zwar aus Studiengründen: In Genf beendete der Fussballer sein Chemiestudium mit dem Doktortitel. An seine Berner Zeit erinnert sich Dr. André Daïna sehr gerne: «Wissen Sie, bei YB kam ich als Nobody in eine grosse Mannschaft mit vielen Spielerpersönlichkeiten und Trainer Sing. Ich war sehr gerne in Bern – und eigentlich behielten die Young Boys stets meine Sympathien. Und das ist bis heute so geblieben. Irgendwie ist YB mein Club.» Er habe damals in der YB-Garderobe den Spind von Heinz Schneiter geerbt, der eben für ein paar Jahre nach Lausanne gewechselt habe («Das Kästli von Schneiter, eine besondere Ehre»). Ja, und unvergessen seien für ihn seine ehemaligen Mitspieler gewesen, besonders jene aus der Fraktion der Romandie mit Ansermet, Laroche, Schultheiss. Das Wiedersehen mit den Freunden von einst, das YB im damals neuen Stade de Suisse vor zehn Jahren veranstaltete, sei eine freudvolle Erinnerung.

Einer der weltbesten Schiedsrichter

André Daina spielte nach YB und Servette später auch bei Lausanne, Xamax und Yverdon (hier als Spielertrainer), doch als er 33-jährig war, interessierte ihn eine andere sportliche Verantwortung: «Ich wollte nicht mehr Arbeiter oder Teil sein in einem Kollektiv, sondern mein Tun selber aktiv bestimmen können. Deshalb wurde ich Arbitre.» Das war ein guter Entscheid – er brachte es zu den Weltbesten: Daïna schaffte es schnell zum Nationalliga- Schiedsrichter, bald erlangte er das FIFA-Abzeichen, er war Schiedsrichter an der EM-Endrunde 1984 in Frankreich, Schiedsrichter an der WM-Endrunde 1986 in Mexiko – und dazwischen oblag ihm die Spielleitung im Europacup- Final zwischen Juventus und Liverpool (1985), einer der bedeutungsvollsten Partien in der Fussballgeschichte. Allerdings nicht aus sportlichen Gründen. Das Endspiel im Heysel-Stadion von Brüssel wurde zu einem der schwärzesten Tage des Sports. Eine halbe Stunde vor dem Anpfiff wurde der Ansturm der Massen unkontrollierbar. Als Fans von Liverpool in den neutralen Sektor stürmten, brach Panik aus und eine Wand stürzte ein. 39 Menschen wurden getötet, rund 600 zum Teil schwer verletzt. Die Partie wurde mit 87 Minuten Verspätung doch noch angepfiffen. Die UEFA und die Polizeileitung hatten sich aus Sicherheitsgründen zu einer Durchführung des Spiels entschlossen. André Daïna erinnert sich nicht gerne an diese Situation, «aber», so sagt er auch heute, «ist dies wohl der einzige Weg gewesen, um eine noch grössere Katastrophe zu verhindern.» Und so verkam der Juve- Sieg (1:0 nach einem Platini-Penalty) zur Randnotiz – und für André Daïna war die Finalleitung «viel mehr eine schmerzhafte Erfahrung als ein Karrierehöhepunkt.»

Serge Muhmenthaler: 18 YB-Tore

Der andere YB-Stürmer, der es zum internationalen Schiedsrichter gebracht hat, ist Serge Muhmenthaler. Der Grenchner kam als Junioren-Internationaler im Sommer 1972 zu YB – Trainer war Kurt Linder, seine Mitspieler hiessen u.a. Housi Schild, Köbi Brechbühl, Walter Eichenberger und Jean-Claude Bruttin. Muhmenthalers Ausbeute bei der damals eher mittelmässigen Berner Mannschaft: 18 Tore in 42 Spielen. Das war eine Marke, die ihn für den FC Basel interessant machte – und so zog «Muhmi», der sich sehr oft mit Verletzungen herumschlagen musste, schliesslich an den Rhein, wo er 1977 Schweizermeister wurde. Nach einem Meniskusabriss und mehreren Operationen musste er seine Spielerkarriere frühzeitig beenden – und er wurde Schiedsrichter. Schon 1984 pfiff er in der Nationalliga A, ab 1989 wurde er als «Schweizer Schiedsrichter des Jahres» FIFA-Referee und kam dabei zu 75 internationalen Berufungen. Der nationale Höhepunkt für Schiedsrichter Serge Muhmenthaler fand im Wankdorf beim Cupfinal 1989 (GC – Aarau 2:1) statt, international waren u.a. das UEFA-Cup-Endspiel 1996 (Bayern – Bordeaux 2:0) sowie die Teilnahme an der Fussball-EM 1996 seine Highlights.

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Autor: Charles Beuret
Quelle: YB MAG Nr. 4 / 2019/20

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