Ein Besuch im Stadion Wankdorf ohne YB-Wurst? Kaum vorstellbar. Abteilungsleiter Matthew Plüss lässt hinter die Kulissen des Publikumscaterings blicken.
Das Stadion Wankdorf ist nicht nur die Heimspielstätte des BSC Young Boys, sondern auch eine beliebte Eventlokalität für grosse Konzerte, Kongresse, Seminare und vieles mehr. An praktisch jedem Anlass im Wankdorf können sich die Besucherinnen und Besucher kulinarisch verwöhnen lassen und auch auf den einen oder anderen YB-Heimsieg anstossen.
Das Kernteam des sogenannten Publikumscaterings (auch Public Catering) besteht aus fünf Personen. Dieses Team hält alle Fäden zusammen, wenn es darum geht, tausenden von Leuten eine schmackhafte YB-Wurst, eine Portion Chicken Nuggets mit Pommes Frites oder einen leckeren Burger in kürzester Zeit zu servieren. Dazu braucht es ein eingespieltes Team, viel Erfahrung und vor allem eines: Gute Planung. Leiter Publikumscatering Matthew Plüss erklärt: «Das Publikumscatering ist die grösste Abteilung der Firma YB-Gastro AG. Das Unternehmen besteht im Ganzen aus drei Arbeitsgebieten: Dem VIP-Bankett (Events & Kongresse), dem Restaurant Eleven und dem Publikumscatering. Jegliche Verpflegung im und um das Stadion wird durch unsere Abteilung verantwortet». Die YB-Gastro AG gehört zu 40% der BSC Young Boys AG und zu 60% der SV Schweiz AG (Gastronomie und Hotelmanagement-Gruppe).
Matthew Plüss ist seit 2016 Abteilungsleiter im Publikumscatering. Der gebürtige Australier ist mit seinen 20 Jahren Erfahrung im Bereich der Gastronomie ein Routinier. 2007 gab es erstmals Berührungspunkte mit YB, als Mitarbeiter im Restaurant Eleven. Danach arbeitete er nochmals ein Jahr in Australien, kam 2009 zurück und wurde mit der Stelle als Chef de Service Bankett betraut. Später übernahm er die Leitung der Abteilung VIP-Bankett und absolvierte die Weiterbildung zum Führungsfachmann mit eidgenössischem Diplom. Seit knapp fünf Jahren ist Matthew Plüss nun in seiner heutigen Funktion als Leiter Publikumscatering tätig: «Bis 2015 war die Bell Food Group für das Publikumscatering im Stadion Wankdorf zuständig. Damals waren noch externe Anbieter, wie ein Kebab- oder ein Pizza-Stand im Stadion eingemietet». Nach 2015 wurde umstrukturiert: Das Publikumscatering sollte von nun an intern betrieben werden. Unglaublich viel Know-how und jede Menge Manpower waren von Nöten – es kam zu Massenanstellungen im neuen YB-Gastro-Bereich. Aus dem Mitarbeiterpool der Bell Food Group konnten ca. 70 Personen übernommen werden. Im Vergleich zur heutigen Anzahl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ist das weniger als ein Fünftel: «Wir haben heute über 500 Personen im Mitarbeiterpool, wobei wir pro Spiel mindestens 280 Mitwirkende benötigen», so Plüss.
An einem YB-Heimspiel werden bis zu 16 Cateringboxen (Pizza, Burger, Wurst, Pommes/Nuggets), zehn bis zwölf Getränkestände und zwei bis drei Stände auf dem Quartierplatz bewirtschaftet. Zusätzlich gibt es noch bis zu zwölf Colportagen (Bierläufer), welche je nach Anzahl Zuschauerinnen und Zuschauer im Einsatz stehen. All diese Verpflegungsangebote stellen eine grosse logistische Herausforderung dar: «Wir arbeiten mit Erfahrungswerten. Seit Beginn führe ich detaillierte Listen, was, wann und wo konsumiert wird. An einem Spiel am Sonntagnachmittag kann ich mit grosser Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass 50 Prozent der Matchbesucherinnen und -besucher etwas essen. Somit wären es bei 20’000 Personen 10’000 Portionen Food. Von diesen 10’000 Portionen Food werden rund 1’500 YB-Würste bestellt. Über die Jahre haben sich dadurch gewisse Trends nach Sektoren aufgezeigt, an denen ich die Bestellungen ziemlich genau richten kann». Nach den Geisterspielen wurde das Team vom Publikumscatering jedoch etwas überrumpelt – im positiven Sinne: Die unerwartet hohe Konsumationsbereitschaft der Zuschauerinnen und Zuschauer zehrte schnell an den Lagerbeständen. Etwas nachzuliefern sei in solchen Fällen jedoch kein Problem, da das gut geschulte Personal an den Catering-Ständen rechtzeitig reagiere.
Absolute Rekordzahlen gelangen am Heimspiel in der Gruppenphase der Champions League gegen den englischen Premier-League-Club Manchester United. Unglaubliche 19’500 Portionen Essen seien über die Tresen der Verpflegungsstände gegangen. Davon waren es alleine 2’000 YB-Würste, 3’500 Burger und eine halbe Tonne Pommes Frites: «Diese müssen dann zuerst noch frittiert werden, versteht sich» (schmunzelt). Nur dank den vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der hohen Produktivität sei es möglich gewesen, so eine Mammutaufgabe zu bewältigen.
Zum Thema Produktivität wurde Ende 2018 ein weiterer Schritt in die richtige Richtung gemacht. Von 111 Kassen im Publikumscatering wurden 108 mit Terminals für Kartenzahlung ausgestattet, während in allen Cateringboxen noch zusätzliche Internetleitungen gezogen werden mussten. Eine grosse Investition, welche sich spätestens in der Corona-Pandemie umso mehr gelohnt habe. Vorteile sieht man nicht nur in der Geschwindigkeit des Bestellablaufs, sondern auch im hygienischen Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie auch der Matchbesucherinnen und Matchbesucher. Durch die Kartenzahlung wird weniger mit Bargeld hantiert und dementsprechend das Risiko einer Ansteckung geschmälert. Während Ende 2019 weniger als ein Viertel aller Transaktionen mit Kreditkarte getätigt wurden, sind heute 16’000 von 19’000 Transaktionen «cashless».
Zahlen Saison 2018/2019 (vor Corona)
- Mehr als 300’000 Portionen Food
- Davon 90’000 YB Würste, 8.5 Tonnen Pommes Frites und 50’000 Burger
- Über 330’000 Liter Bier, 12’000 Gläser Wein
- 80 Hektoliter Kaffee
Matthew Plüss (Leiter Publikumscatering), Adi Amacher (Logistik), Agata Skarulis (Assistenz Publikumscatering), Matthias Bernhard (Teamleader Logistik) und Marc Willener (Leiter Logistik).
Autor: Darja Geiser
Quelle: YBusiness Nr. 2 / 2021/22