Als Dario Zuffi als «Mister Europacup» glänzte
Er war nie einer, der sich vordrängte. Und wenn er zu Siegen, zu seinen Torerfolgen oder zu (eher seltenen) Niederlagen befragt wurde, blieb er stets bescheiden und Realist: Er sprach ruhig, zurückhaltend – und doch wohltuend offen und präzis. Aber eigentlich hätte er – gemessen an seinen Erfolgen – durchaus einmal laut oder provozierend sein dürfen. Denn Dario Zuffi war einer jener Spieler, die YB-Geschichte geschrieben haben. Er wurde mit YB Meister und Cupsieger, Torschützenkönig und treffsicherer Schweizer Internationaler. «Ja», sagt er, «es waren gute Jahre, die ich in Bern erlebte. Ich werde sie nie vergessen.»
Schweizer Meister 1986: Dario Zuffi jubelt mit Sturmpartner Lars Lunde und Mittelfeldstratege Robert Prytz (Nummer 8).
Dario Zuffi kam vom FC Winterthur als 21-jähriger Stürmer zum BSC Young Boys. Das war damals kein Aufsehen erregender Moment, man nahm einfach Notiz davon, als Trainer Alexander Mandziara im Sommer 1985 sein Kader zum Fototermin bat. Doch das sollte sich schnell ändern: Der schnelle und wendige Stürmer entpuppte sich als optimale Ergänzung zu jenen zwei Spielern, die etwas später verpflichtet wurden und alsdann im Titelkampf den Unterschied für YB ausmachten: Lars Lunde und Robert Prytz. Mit ihnen sowie Georges Bregy verstand sich Zuffi auf dem Spielfeld scheinbar blind. Mit seiner Schnelligkeit und seinen optimalen Laufwegen riss er Löcher in die gegnerischen Verteidigungen, und er schoss immer wieder Tore: Mal mit «seinem» linken Fuss, aber auch mit rechts und sehr oft auch mit dem Kopf. Er war unberechenbar.
Der Winterthurer gewann mit YB 1986 den Meistertitel und ein Jahr später beim unvergessenen Match gegen die Stars von Servette (mit Geiger, Favre, Decastel, Kok, Sinval und Eriksen) den Cupfinal. 4:2 siegten die Gelbschwarzen nach Verlängerung, die Berner Torschützen damals hiessen Zuffi, Prytz, Siwek und Gertschen.
Dario Zuffi ist seit vielen Jahren beim FC Winterthur tätig.
«Mit diesem Finalsieg», so erinnert sich Dario Zuffi, «qualifizierten wir uns für den Europacup der Cupsieger. Entsprechend gross war in Bern die Freude, dass wir international wieder dabei waren.» Das Los bescherte den Young Boys in der ersten Runde den tschechoslowakischen Verein Dunajska Streda (heute Slowakei) zum Gegner, der mit 1:2 und 3:1 (je ein Zuffi-Tor) ausgeschaltet wurde. Im Achtelfinal unterlag YB auswärts dem FC Den Haag mit 1:2 – und wieder war Zuffi Torschütze. Das Rückspiel im Wankdorf gewannen die Young Boys mit 1:0, das Auswärtstor von «Mister Europacup» Dario Zuffi in Den Haag war Gold wert. Im Viertelfinal schied YB gegen Ajax Amsterdam (zweimal 0:1) aus.
In seiner sechsjährigen YB-Zeit erlebte Dario Zuffi vier verschiedene Trainer: Mandziara, Grip, Csernai und Trümpler, wobei ihm die beiden Erstgenannten in besonderer Erinnerung geblieben sind: «Alexander Mandziara war für uns Junge ein äussert strenger Ausbildner – ich habe von ihm viel gelernt. Tord Grip war ein ganz anderer Typ: Seiner Zeit voraus, er liess mal auch schon mit einer Viererkette spielen und es war für uns Spieler schwer nachvollziehbar, dass man ihn vorzeitig entliess.»
Im Sommer 1991 verliess auch Dario Zuffi das Wankdorfstadion – und zwar in Richtung FC Lugano. «Ich ging damals sehr ungern weg von Bern», sagt er heute mit der nötigen Distanz, «aber ich musste es als junger Familienvater auch aus finanziellen Gründen tun. Als Profi verdiente ich in Bern zu wenig, obschon ich teilzeitig auch im kaufmännischen Bereich tätig war. Die meisten von uns Spielern hatten noch einen Job.»
Dario Zuffi in Aktion beim Europacup-Spiel gegen Ajax Amsterdam im März 1988.
Zuffis weiteren Stationen: FC Lugano, FC Basel, FC Winterthur, wo er als Assistenztrainer nach wie vor tätig ist – und hofft, in naher Zukunft wieder einmal im Wankdorf antreten zu können. «YB und Bern», sagt er, «bleiben mir in bester Erinnerung. Hier erlebte ich fussballerisch meine beste Zeit und hier kamen zwei meiner Söhne zur Welt – klar gelten dem BSC Young Boys meine Sympathien!»
Und umgekehrt natürlich auch: Dario Zuffi steht zusammen mit Zurbuchen, Wittwer, Baumann, Weber, Schönenberger, Bamert, Bregy, Conz, Siwek, Lunde, Prytz und anderen für die unvergessenen achtziger Jahre – und mit seinen 81 Meisterschaftsgoals ist er der fünftbeste Torschütze der Vereinsgeschichte.
Charles Beuret
YB MAG Ausgabe 3, Saison 2021/22