Als aus «Karli» «Käru» wurde
Karl Odermatt – über ihn und seine Berner Zeit könnte man ein Buch schreiben. Denn es gibt nur wenige Spieler in den 123 Jahren YB-Geschichte, die bei Gelb-Schwarz in relativ kurzer Zeit so deutliche Spuren hinterlassen haben. Karl Odermatt hat die Fussball-Schweiz und auch jene -Berns in seinen Aktivjahren geprägt. Das war zwischen 1975 und 1979. Er ist entsprechend unvergessen…
Odermatt ist bald 79-jährig – aber in der Fussballszene noch immer allgegenwärtig. In Basel, wo er seine besten Zeiten als Spieler erlebte, ist er ein «Monument», zuletzt freilich bekam er in Zusammenhang mit den Wirren um die Vereinsführung auch mal negative Schlagzeilen. Doch das sei Geschichte und vorbei, sagt er, jetzt freue er sich am wiedererstarkten FCB und genauso weiterhin an den Leistungen der Young Boys, für die sein Herz nach wie vor ebenfalls schlage: «Es gibt doch für den Schweizer Fussball nichts Besseres als eine starke breite Spitze – mit YB, Basel und dem einen oder anderen Team aus Zürich oder der Westschweiz!»
Damals, am Zibelemärit…
Seine YB-Zeit bezeichnet «Karli», der in Bern damals für ein paar Jahre zu «Käru» wurde, als «eine ganz tolle Erinnerung.» Und toll sei auch, dass er in Bern noch immer viele Freunde habe und entsprechend sehr gerne komme er jeweils in die Stadt zurück. Wo man ihn übrigens immer noch kennt und auch anspricht. Das freue ihn natürlich – genauso wie damals, am ersten Zibelemärit, den er einst erlebt habe: «Ich war mit Mitspielern um 6 Uhr früh vor dem Bundesplatz», erinnert er sich. «An einem Marktstand sprach mich ein Landwirt an und gratulierte mir für den Transfer zu YB – und dann wurde ihm von seiner eben angekommenen Frau mitgeteilt, dass daheim eine seiner Kühe gekalbt habe – es habe einen Muni gegeben. Der Bauer sagte zur Frau, der Muni heisse dann Käru.»
Damals hatte Odermatt seinen ersten YB-Pflichtspieleinsatz schon hinter sich – und der war auch ziemlich speziell: «Am Vormittag trainierten wir noch auf dem Turnerstadion, Trainer Kurt Linder befand am Schluss der Session, dass ich konditionell noch ein Minus hätte – und schickte mich auf die Aschenbahn, um noch ein paar Runden zu laufen. Nach 1,2 Kilometer sah ich von YB niemand mehr auf der Anlage – und Platzwart Hene Gfeller sagte mir, Herr Linder sei längst nach Hause gegangen… Am Abend aber schlugen wir dann den FC Winterthur – und wissen Sie, wer das Siegestor geschossen hat? Ja, der Odermatt.»
Karl Odermatt brachte zwischen 1975 und 1979 auch Spektakel ins Wankdorf.
…oder als Manndecker Netzers
Ähnliches geschah beim denkwürdigen Match gegen Serienmeister Grasshoppers, der eben den Bundesliga-Superstar Günter Netzer verpflichtet hatte. 24’000 Zuschauer strömten ins Wankdorf, um Netzer zu sehen – sie sahen aber auch Odermatt. Trainer Linder hatte ihn nämlich als Manndecker für den DFB-Star eingesetzt; ein Luxus, wie viele Besucher fanden. Doch Odermatt löste die Aufgabe ohne Murren – und schoss erst noch das einzige Tor der Partie. YB gewann 1:0.
Es war das Jahr 1977. Es war das erfolgreichste für Odermatt bei YB. Zusammen mit seinen unvergessenen Kollegen wie Walter Eichenberger, Köbi Brechbühl, Jean-Marie Conz oder Seppi Küttel gewann er den Schweizer Cup – mit einem Finalsieg gegen den FC St. Gallen. Auch dieser Match endete 1:0. Torschütze war Jan Andersen – und zwar im Anschluss an eine Cornerflanke von Karl Odermatt.
Cupsieger mit YB 1977: Odermatt und Teamkollege Lorenz präsentieren den Pokal.
Zwei Jahre später stand Odermatt mit YB erneut im Cupfinal – doch gegen das damalige Star-Ensemble von Servette (mit Barberis, Schnyder, Engel, Hamberg, Andrey) setzte es im Wiederholungsspiel (der erste Match hatte nach Verlängerung 1:1 geendet) unter Trainer Konietzka nach einer 2:1-Führung eine 2:3-Niederlage ab. «Über das dritte Gegentor muss ich bei nächster Gelegenheit mit Torhüter Wale Eichenberger dann nochmals sprechen», sagt er beim Gespräch mit dem YB MAG. Den Schalk hat Karl Odermatt noch nicht verloren…
Karl Odermatt hat mit dem FC Basel zwischen 1962 und 1975 fünf Schweizermeistertitel und zweimal den Cup gewonnen. Für YB bestritt er bis 1979 111 Spiele (12 Tore) in der Nationalliga A und wurde Cupsieger 1977. In der Nationalmannschaft war er während vieler Jahre Stammspieler (50 Einsätze, 10 Tore); zusammen mit Köbi Kuhn und Rolf Blättler bildete er das legendäre Mittelfeld-Trio der sechziger und siebziger Jahre.
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Autor: Charles Beuret
Quelle: YB MAG Nr. 1 / 2021/22