Unvergessene Spieler: Jürg Wittwer

Ein echter Berner Giel, heimatberechtigt in Trub, als Junior bei Victoria, alsdann beim FC Bern – und dann kam, 1983 wars, die Anfrage von YB. Den ersten Kontakt hatte Bert Theunissen, sein ehemaliger FCB-Trainer, hergestellt, dann das Telefon von Kurt Linder, der im Wankdorf eben das Traineramt (zum zweiten Mal) übernommen hatte: «Hallo Jürg Wittwer, möchten Sie es beim BSC Young Boys versuchen?» Natürlich wollte er.

Beim FC Bern war er Stammspieler gewesen – und hatte den Aufstieg von der 1. Liga in die Nationalliga B mitgemacht (und monatlich 50 Franken verdient). Und nun galt es, beim BSC Young Boys in der Defensive mitzuhelfen. Abwehrspieler Köbi Brechbühl und auch René Müller waren zu ersetzen. Jürg Wittwer, von Beruf Elektromonteur, war damals 24 – im besten Fussball- Alter. Er nahm die Herausforderung an.

Beim Philips Cup neutralisierte er Italiens Internationalen Conti, in seinem ersten NLA-Meisterschaftsmatch meldete er Servettes Nationalspieler Barberis ab – und so war er bald einmal Stammspieler als YB-Rechtsverteidiger, ob nun die Trainer Linder, Eich oder Mandziara hiessen. Sie alle hatten erkannt, was sie an diesem Spieler hatten: einen echten «Terrier», zweikampfstark, konditionsstark, spielstark – stark im Nehmen, aber auch im Geben. Er sei dann am besten, sagte Wittwer nach seinem ersten YB-Match im Zeitungsinterview, wenn er vom Trainer einen klaren Auftrag bekomme. Klar, die Rolle als Manndecker war sein Ding.

EINE BEMERKENSWERTE KARRIERE

Als er 1991, nach acht Jahren YB, seine Aktivkarriere beendete, konnte er auf 250 Meisterschaftsspiele (dabei gelangen ihm immerhin 6 Tore), einen Meistertitel (1986) und einen Cupsieg (1987) und unvergessene Europacupspiele – etwa gegen Ajax Amsterdam oder Real Madrid – zurückblicken. Und auch auf drei Einsätze in der Schweizer Nationalmannschaft, denn dem damaligen Nationalcoach Daniel Jeandupeux waren die Qualitäten des Berners nicht entgangen: In Lausanne war Wittwer dabei beim Sieg über das grosse Frankreich, im San Siro meldete er beim 2:3 gegen Italien (mit Torschütze Martin Weber!) den legendären Vialli ab.

Wie wichtig Wittwer für YB war, zeigte sich deutlich bei den beiden Spielen im Europacup der Meisterclubs 1986 gegen Real Madrid. Beim 1:0-Sieg im Hinspiel am 17. September im Wankdorf vor 32’000 begeisterten Zuschauern machte er den grossen Butragueño zum Statisten. Im Auswärtsmatch in Madrid aber folgte die Ernüchterung: Beim Stande von 1:0 für Real drückte YB zwar vehement auf den Ausgleich – doch 20 Minuten vor Schluss wurde Jürg Wittwer am Knie schwer verletzt und er musste schliesslich ersetzt werden. Butragueño schoss in der Folge noch zwei Tore…

REKORDSPIELER BEI DEN OLD STARS

Jürg Wittwer ist vor wenigen Wochen 60 Jahre alt geworden – aber er ist nach wie vor in Form, was den Old Stars des BSC Young Boys sehr zugute kommt. Bei ihnen ist der «Terrier» inzwischen der Spieler mit den meisten Einsätzen, Rekordspieler also.

Und jüngst hat er im Jubiläumsmatch gegen den FC Bern den entscheidenden Penalty zum YB-Sieg verwertet – sehr zur Freude von Sohn Andreas (zuletzt FC Thun und FC St. Gallen, nun bei GC), seinem grössten Fan!


Jürg Wittwer im Duell mit Heinz Hermann.

***

Autor: Charles Beuret
Quelle: YB MAG Nr. 1 / 2019/20

Menü